Die frühere Orgel der katholischen Pfarrkirche St. Ägidius in Bruck im Landkreis Schwandorf wurde 1910 von der Regensburger Orgelbauwerkstätte Martin Binder & Sohn (als opus 255) mit 832 klingenden Pfeifen erbaut. Sie war ursprünglich nicht für diese Pfarrkirche, sondern für die Oberpfälzer Kreisausstellung „Regensburg 100 Jahre bei Bayern“ erstellt worden. Wegen ihrer besonderen technischen Ausstattung wurde sie mit der „Staats-Medaille“ prämiert. Nach Beendigung der Ausstellung hat damals die Kirchenverwaltung von Bruck das sehr schöne Instrument für ihre Pfarrkirche erworben.
Es handelt sich bei dieser (relativ kleinen) Orgel um ein pneumatisches Kegelladenwerk mit Transmissionsprinzip auf beiden Manualen; durch die Möglichkeit einer Ober- und
Unteroktavkoppel kommt bei vollem Spiel ein gewaltiges Tonvolumen zustande (d.h. bei jeder Taste, die der Organist drückt, können bei jedem eingeschalteten Register auf dem
Hauptmanual zusätzlich die Oberoktave und die Unteroktave ertönen).
Eine solche Anlage ist heute eine Seltenheit. Die Steuerung der Orgel zwischen Spieltisch und Pfeifenventil bzw. auch Registerventil geschieht auf pneumatischem Wege, d.h. also
mit Luftdruck.
Das Werk ist original erhalten und befand sich zur Zeit des Abbaus 1993 noch in gutem technischen Zustand. Solch langandauernde Qualität ist ein Merkmal der Orgelbauwerkstätte Binder & Sohn, welche um das Jahr 1900 der namhafte Münchener Orgelbaumeister Willibald Siemann übernommen hatte. Siemann zeigt sich auch in seinen anderen Werken als ein Meister handwerklichen Könnens und künstlerischer Intonationen: Die einzelnen Register, gerade der Orgel von Bruck, sind von besonderer Klangschönheit und charakteristisch für das Klangideal der spätromantischen Kirchenmusik.
Nach der Instandsetzung und der 1996/97 erfolgten Wiederaufstellung stellt dieses erste Instrument im Orgelmuseum Kelheim ein musikalisch und kirchenhistorisch bedeutendes Klangdenkmal dar.
Dr. Sixtus Lampl / Willibald Kerschensteiner, 2004
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